Liebe Eifel für Eifel-Mitglieder,
wie ich euch zu Beginn der letzten Woche berichtet habe, war ich beruflich in Bayern unterwegs. Im Anschluss wäre ich eigentlich mit zwei Seminargruppen in Galtür / Österreich gewesen. Insgesamt also drei Wochen nicht in Präsenz in der Eifel anwesend, was nach den vier intensiven Wochen vor Ort nicht ganz so einfach gewesen wäre. Während eine Seminargruppe bedingt durch Corona kurzfristig die Teilnahme absagen musste, habe ich mich entschlossen der zweiten Seminargruppe als Veranstalter abzusagen, um wieder früher in der Eifel sein zu können. Ein Grund, warum ich also von Bayern für drei Tage nach Galtür gereist bin, um hier die Stornierungen vor Ort mit meinem Hotel und Dienstleistungspartnern zu klären. Natürlich hatten vor hier auch alle von der Flutkatastrophe in unserer Heimat mitbekommen – und so war das Verständnis für die Absagen sehr groß. Daher möchte ich all meinen Partnern vor Ort in Galtür danken!
Und nun kommt etwas, was eher selten der Fall ist – nämlich einige persönliche und private Informationen aus meinem Leben. Seit dem Jahre 1998 reise ich sowohl beruflich als auch privat an diesen wunderschönen Ort in den Bergen. Und wahrscheinlich wird auch vielen Lesern der Begriff „Galtür“ etwas sagen: Am 23. Februar 1999 wurde dieser malerische Ort von einer Lawine heimgesucht, die insgesamt 31 Todesopfer forderte.
Die Bilder gingen damals um die Welt – eine Schneise der Verwüstung, zerstörte Häuser, Ausgrabungen aus den Schneemassen und Touristen, die mit Helikoptern aus dem von der Außenwelt abgeschnittenen Tal geflogen wurden. Ich war damals 22 Jahre alt und für mich war es auch damals surreal, dass diese Katastrophe gefühlt so nah war. Und irgendwann gab es keine mediale Berichterstattung mehr. Aus den Augen, aus dem Sinn – nicht aber für die Bewohner von Galtür. Man hatte hier damals keine großartigen Optionen, außer sich der Situation zu stellen. Eine kleine aber feine Gemeinde, die auf den Tourismus angewiesen ist – und so versuchte man sich auf den „Wiederaufbau“ der beschädigten Gebäude zu konzentrieren, sofern möglich Schutzmaßnahmen zu errichten und sich gleichzeitig der „Normalität“ zu stellen. Das Leben musste, so schwer es auch war, für alle Beteiligten weitergehen. Vielleicht war es für mich einer derer Gründe, warum ich an diesem Fleckchen Erde hängengeblieben bin, ihn lieben und leben gelernt habe – denn das Leben ging weiter. Mehrmals im Jahr bin ich vor Ort und kann nur sagen, dass die Gemeinde Galtür es trotz oder gerade wegen dieser Lawine geschafft hat, ein ganz besonderes Stück Erde mit einer Gemeinschaft von Menschen zu sein, die für unsere Region Vorbild sein könnte.
Auch wir haben uns dieser Situation zu stellen, denn Aufgeben kann und darf keine Option sein.
Und es wird an uns allen liegen auf der einen Seite die unmittelbar Betroffenen nachhaltig so gut es geht zu unterstützen, gleichzeitig aber auch den Fokus auf die Regionen zu richten, die nun mittelbar von der aktuellen Situation betroffen sind. Ich war so dankbar dafür, dass ein Mitglied gestern dazu aufgerufen hat, in dieser Zeit nicht die Gastronomie zu vergessen, die außerhalb der beschädigten Regionen ebenfalls Einbußen zu verzeichnen haben. Genau so ist es! Ebenfalls wurde erwähnt, dass es kritische Meinungen gegeben hätte, dass der Nürburgring wieder den Betrieb aufnehmen möchte. Jeder Weg in Richtung „Normalität“ ist wichtig, denn eine Lethargie der gesamten Regionen hilft auf Dauer auch den Betroffenen nicht weiter.
Eine Bestätigung in meinen heutigen Worten fand ich dann auch in den Worten von Recky Reck. Recky ist seines Zeichens Gastronom in meiner Heimatgemeinde in Nettersheim und hat neben dem Verlust seines Freistaat Eifel auch einen menschlichen Verlust zu beklagen. Eine Person, die also vermeintlich allen Grund dazu hätte, den Kopf in den Sand zu stecken. Aber genau diese Person ermutigte die Gruppenmitglieder dazu, die gastronomischen Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen, damit diese Branche überleben kann.
Lieber Recky, diese Worte haben mich motiviert und inspiriert. Wie hast Du es so treffend formuliert? Und ich möchte deine Worte an dieser Stelle gerne zitieren. Du hast geschrieben:
„Auch wenn es traurig klingt, bin ich eigentlich guter Dinge. Das Leben geht weiter, mit Dir oder ohne Dich. Ich wäre gerne dabei! … Ich glaube nicht, dass sich die Opfer als Opfer sehen, sondern als irgendwie agierende Macher. Wir haben gar keine andere Wahl!“
„Auch wenn es traurig klingt, bin ich eigentlich guter Dinge. Das Leben geht weiter, mit Dir oder ohne Dich. Ich wäre gerne dabei! … Ich glaube nicht, dass sich die Opfer als Opfer sehen, sondern als irgendwie agierende Macher. Wir haben gar keine andere Wahl!“
Mit diesen starken Worten von einer wirklich tollen Persönlichkeit, möchte ich den heutigen Tagesrückblick zum Nachdenken beenden. Übrigens steht die Gastronomie in diesem Bericht stellvertretend für alle Dienstleistungen oder Bereiche des täglichen Lebens, die nun unsere Unterstützung benötigen.
Diesem Rückblick sind heute zwei Fotos beigefügt, die ich beide heute als Abschluss für mich aufgenommen habe – und die ich als große Inspiration für uns mit in die Eifel nehme:
Das Bild wurde aufgenommen im „Raum der Stille“ einem Gedenkraum an die Toten des Lawinenunglücks hier in Galtür, den ich jedes Jahr besuche, weil er mir so viel Kraft gibt.
Das zweite Foto habe ich einige Kilometer weiter entdeckt: Lasst uns einfach trauen MUTIG zu sein!
Euch einen schönen Abend,
euer Jörg